Heute habe ich erfolgreich ein Bankkonto in Taiwan eröffnet! Knapp zwei Monate nach der Einreise, kann ich also endlich mit der Debit-Karte bezahlen. Das hat auch deshalb so lange gedauert, weil ich bei meinem ersten Termin gleich wieder nach Hause geschickt wurde. “What, you don’t have a stamp?!”, fragte mich die Bankmitarbeiterin mit großen Augen. Ich schaute mindestens genauso entgeistert zurück. “Stamp, red stamp, seal!”, sagte sie dann noch und da wurde mir klar: ich muss mir tatsächlich einen Stempel (yìnzhāng 印章) kaufen!
Bisher kannte ich diese roten Markierungen eigentlich nur aus der Kalligrafie. Wenn man dann die geschwungenen Zeichen zu Papier gebracht hat, verwendet man einen dieser Namensstempel mit roter Farbe, um das Werk zu signieren. Hier in Taiwan haben diese Stempel aber eine offizielle Bedeutung und ein Bankkonto lässt sich ohne yinzhang nicht eröffnen.
Also ging es schnurstrakst zu einem Stempelladen, wo ich mein „Alien Residence Certificate“ vorlegen musste, auf dem auch mein chinesischer Name steht: Qi Shuai (齊帥). Anschließend wurde mein Name im Kalligrafiestil der Siegelschrift von Hand in den Stempel graviert. Durch kleine Unebenheiten im Material und Ungenauigkeiten bei der Gravur wird der Stempel damit auch vergleichsweise schwer zu fälschen. Da man die Bankdokumente zusätzlich auch noch unterschreiben muss, hat man quasi eine altmodische Zweifaktor-Authentifizierung.
Auf der Oberseite des Stempels befindet sich die Figur eines kleinen sitzenden Pferdes und zusätzlich ist das Schriftzeichen für Pferd (ma 馬) eingraviert. Das liegt daran, dass der Gaul mein chinesisches Sternzeichen ist.
Auf jeden Fall ist es spannend zu beobachten, wie sich in Taiwan die Tradition der yinzhang auch jenseits von Kunst und Kalligrafie erhalten hat.
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