Ling Ying-Tai- Am Fusse des Kavulungan

Um ihrer inneren Unruhe zu entkommen, erhält die Hauptperson des Romans, eine erfolglose Schriftstellerin, von einem buddhistischen Mönch den Ratschlag sich für zwei Jahre am Fuße des Kavulungans niederzulassen. Zusammen mit ihrem Kater, zieht die Autorin also in ein kleines Dorf im ländlichen Taiwan und lässt die Eindrücke auf sich wirken. Dann folgen 84 kurze Kapitel, in denen sich Alltagsbetrachtungen, Naturbeschreibungen und die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb der Dorfgemeinschaft gegenseitig abwechseln. So erfährt man von einer Polizeistation, in der verschiedene Götterstatuen immer noch angebetet werden, obwohl sie von einem anderen achtlos weggeworfen wurden. Man liest von den grässlichen Überschwemmungen, die Taiwan häufig heimgesucht haben oder von dem ungerechten Umgang mit den taiwanesischen Ureinwohnern. Wenn dann in der zweiten Hälfte des Romans ein mysteriöses Mädchen auftaucht, welches durch die Zeit gefallen zu sein scheint und sich an allerlei historische Ereignisse erinnern kann, nimmt die Geschichte langsam fahrt auf. Am Ende entpuppt sie sich als Geist, dessen gewaltsamer Tod aufgeklärt werden muss. „Am Fusse des Kavulungan“ ist ein ruhiger Roman, der dazu einlädt, langsam gelesen zu werden. Die einzelnen Kapitel hängen oft nur lose zusammen und es ist weniger die spannende Handlung als die ruhige Stimmung, die einen fesselt. Der Untertitel „Eine philosophische Reise“ irritiert ein wenig, denn ein Leser, der eine Fahrt durch die chinesische Geistesgeschichte erwartet, wie es bei „Sophies Welt“ der Fall war, wird sicher enttäuscht. Stattdessen werden die großen Fragen nur angeschnitten, angedeutet, sie scheinen zwischen den Zeilen durch und werden dann aber auch wieder fallengelassen. Es sind nur Betrachtungen aus der Stille.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert